Neue Wege für alte Flächen?

Steigende Bevölkerungszahlen und Urbanisierungsschübe lassen in vielen Städten das Thema Konversion nicht effizient genutzter und leerstehender Flächen in den Fokus der Stadtplaner rücken. Wenn bestimmte Bedingungen beachtet werden, ist Konversion ein Baustein in einer gelungenen Stadt- und Quartiersentwicklung.

„Konvertieren Sie!“ Diese Aufforderung bezieht sich in unserer Branche darauf, die Nutzung von bestehenden Flächen immobilienwirtschaftlich gesehen neu zu überdenken – zumal der Umwandlungsdruck stark gestiegen ist. Die letzte Konversionswelle Anfang der 1990er-Jahre liegt bereits rund 25 Jahre zurück. In der Zwischenzeit hat sich naturgemäß auch die Umwidmungsdynamik (Abgang von Wohn- und Nichtwohngebäuden) deutlich verlangsamt. In Deutschland wurden zwischen 2002 (13 Millionen Quadratmeter) und 2014 (7,9 Millionen Quadratmeter) immer weniger Flächen einer Nutzungsänderung unterzogen. Doch das wird sich nach Ansicht aktueller Analysen ändern.

Erforderliche Rahmenbedingungen

Ob eine geplante bauliche Umnutzung erfolgreich realisiert werden kann, hängt von zahlreichen Parametern ab. Eine klare Ausprägungsbestimmung der Parameter für eine gelungene Umnutzung gibt es nicht. Auch hinsichtlich des zu erwartenden Aufwands und der damit verbundenen Kosten lassen sich große Spielräume feststellen. Dennoch gibt es Faktoren, die bei der Planung des Umnutzungsprozesses unumgänglich sind:

  • Grundlage für eine funktionierende Konversion ist neben der passenden baulichen Gegebenheit der Immobilie die partnerschaftliche Zusammenarbeit der beteiligten Akteure. Es gilt, einen Interessenausgleich herbeizuführen, der die wirtschaftlichen Interessen der Investoren und die strukturpolitischen und städtebaulichen Zielsetzungen der Kommunen zusammenbringt.
  • Einhergehend mit der Erfüllung baulicher Rahmenbedingungen ist die Berücksichtigung baurechtlicher Verordnungen von zentraler Bedeutung, da eine Umnutzung von Gebäuden einem genehmigungspflichtigen Verfahren unterliegt. Für die Konversion sind daher die Prüfung der Zulässigkeit im Baugebiet und die Erfüllung räumlicher Anforderungen der neuen Nutzung erforderlich.
  • Der Prozess der Umnutzung erfordert von allen Beteiligten ein hohes Maß an Kreativität und Risikobereitschaft. Es gilt, alte Denkstrukturen aufzubrechen und neue Chancen zu sehen. Das Festhalten an bestehenden Strukturen, wie zum Beispiel dem Leitbild der europäischen Stadt mit einem Zentrum als Bezugspunkt oder der klassischen Büroimmobilie mit Monofunktion, muss daher hinterfragt und ganz neu überdacht werden. Gerade die Aufnahme der neuen Gebietskategorie „urbanes Mischgebiet“ in die Baunutzungsverordnung (BauNVO) kann eine Lösung der skizzierten Problematik sein.
  • Ein wesentlicher Faktor ist die Effizienz der baulichen Anlage. Ist die ursprüngliche Nutzung nicht mehr wirtschaftlich, ist eine Nutzungsänderung für den Investor von Vorteil. So veranlassen zum Beispiel steigende Renditen für Wohnungsmieten viele Investoren, über eine Umnutzung ehemaliger Büroimmobilien mit sinkenden Büromieten oder gar leerstehenden Flächen zu Wohnraum nachzudenken.

Wachstum durch Konversion

Neben der Vermeidung von Leerstand und Substanzverlust werthaltiger Gebäude können durch Umnutzung Wohn- und gewerbliche Bebauung, aber auch Freizeit- und Erholungsflächen entstehen. Gleichwohl bedeutet das dabei verfolgte Ziel der kompakten Stadt auch eine komplexere Struktur für die Beteiligten. Die Vorgabe von Dichte führt dabei nicht zwangsläufig zu einer besseren Qualität.

Vor allem in Groß- und Universitätsstädten ist die Herausforderung, bei steigenden Miet- und Kaufpreisen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, allgegenwärtig. Das Planungsinstrument Konversion birgt diesbezüglich großes Potenzial: Alte Flächen gewinnen durch Konversion eine ganz neue Dynamik und einzelne Gebäude oder ganze Gebiete können charakterlich verändert und geprägt werden. Konversion bietet damit eine Chance, kommunale Flächenentwicklung zu betreiben und sich im Rahmen wachsender Städte und Metropolen nachhaltig weiterzuentwickeln.

Was sind die Hürden für das Rezept „Aus Alt mach Neu“?

Was in internationalen Metropolen wie New York oder Amsterdam bereits vor 20 Jahren thematisiert wurde, findet in Deutschland nur zögerlich Anerkennung. In den politischen Diskussionen zur Mietpreisbremse, zum Milieuschutz und so fort wurden Themen wie zunehmender Zuzug, bezahlbarer Wohnraum oder Konversion als Lösung dieser Phänomene lange Zeit weitgehend ausgespart. Aktuell hemmen vier negative Faktoren die Entwicklung:

  1. Mangelnde Kreativität: Es mangelt an Vorstellungskraft, wie ein Quartier oder Ensemble zwischen Wohn-, Büro-, und Einzelhandelsnutzungen tatsächlich aussehen könnte.
  2. Eine unpräzise Zielgruppenanalyse: „Wohnen für alle Ansprüche“ ist alles andere als zielorientiert.
  3. Fehlende „Wer wagt, gewinnt“-Mentalität: Investoren engagieren sich jenseits des High-end-Segments aufgrund mangelnder Erfahrung nur zögerlich.
  4. Zu starke Fokussierung auf Höchstpreisvergabe statt Konzeptvergabe

Konversion als potenzielles Planungsinstrument zukünftiger Quartiersentwicklung

Auf dem deutschen Immobilienmarkt sind die Bedingungen günstig. Gerade die derzeit herrschende Aufbruchsstimmung durch Migrationsbewegungen sollte die Branche nutzen. In diesem Kontext ist die Umnutzung bestehender Flächen eine Möglichkeit, die helfen kann, den strukturellen Missstand des Flächenangebots auszugleichen. Es wird bereits genutzt, aber das Potenzial ist längst noch nicht ausgeschöpft. Aktuell geht Catella von Potenzialflächen von rund 1.625 Hektar aus, die für eine Folgenutzung bis zum Jahr 2020 grundsätzlich zur Verfügung stehen. Klar bleibt: Der „große Stadtumbau“ wird gerade auch die Kapitalmärkte in den kommenden Jahren deutlich fordern, aber auch enorme Chancen für Investitionen eröffnen.

Fotonachweis: iStockphoto, anderm